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Verstehen & Handeln

Selbstverteidigung & Schutz

Grundlagen, Methoden und Tipps

Würden Sie gern nachts ohne Angst allein nach Hause gehen? Würden Sie gern unbeschwert um 22:00 Uhr im Park joggen oder Ihr Getränk gern fünf Minuten bedenkenlos aus den Augen lassen?

Das Sicherheitsgefühl von Frauen ist höchst unterschiedlich und subjektiv. Was eine Frau in Panik versetzen kann löst unter Umständen bei einer anderen nur ein kurzes Aufblicken aus. Dennoch kennt der Großteil der Frauen und Mädchen Situationen, die unsicher machen und Angst auslösen. Wie können sich Frauen und Mädchen selbst schützen? Was hilft?

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu Methoden und Angeboten der Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen, aber auch Tipps für Männer, wie sie zu Sicherheit und Schutz beitragen können.

Um sich zu wehren sollten Sie grundsätzlich:

  • Über die Formen und das Ausmaß sexueller Gewalt an Frauen Bescheid wissen,
  • mögliche gefährliche Situationen erkennen,
  • Ihren Gefühlen vertrauen und an sich glauben.

Es gibt Wege und Strategien, die Ihnen helfen

  • Ihr Selbstbewusstsein zu stärken,
  • durch Übung hilfreiche Handlungen in bedrohlichen Situationen abzurufen,
  • Techniken erlernen, um sich körperlich zu wehren.

Was ist Selbstverteidigung und Selbstbehauptung?

Das Selbstbewusstsein zu schulen, Selbstbehauptung und Selbstverteidigung zu erlernen sind gute Mittel, um die Achtsamkeit sich selbst gegenüber, die eigene Standfestigkeit und Wehrhaftigkeit zu stärken.

Selbstbewusstsein bedeutet die eigenen Stärken und Grenzen zu kennen, der eigenen Wahrnehmung zu vertrauen, die Fähigkeit frühzeitig Belästigungen und übergriffiges Verhalten zu erkennen.

Selbstbehauptung bedeutet Respekt einfordern und die eigenen Grenzen und Rechte in jeder Situation verbal zu verteidigen.

Selbstverteidigung heißt Handlungsmöglichkeiten zu kennen und abrufbar zu haben, um Angriffe zu vermeiden und/oder abzuwehren.

Methoden der Selbstverteidigung

Die Möglichkeiten zu handeln sind individuell sehr verschieden, jede Frau reagiert anders. Und es ist wichtig, dass Frauen sich untereinander nicht verurteilen, sondern sich durch solidarisches Handeln stärken. Auch das ist Selbstbehauptung. Wir gehen davon aus, dass jede Frau und jedes Mädchen eigene Möglichkeiten hat sich zu wehren, ohne dass körperliche Fitness vorausgesetzt wird. Die körperlichen Techniken, die Sie in den verschiedenen Kursen erlernen, können so gut geübt werden, dass sie im Ernstfall abrufbar sind und schnell reagiert werden kann.

Es gibt gute Methoden der speziellen Selbstverteidigung, die von Frauen für Frauen und Mädchen erdacht wurden und weitergegeben werden. Bei diesen geht es um:

  • das Erkennen und Verteidigen der eigenen Grenzen,
  • das Stärken der eigenen Präsenz,
  • die Wehrhaftigkeit durch den Einsatz von Stimme und Körperkraft,
  • aber auch darum, den eigenen Möglichkeiten des Sich Wehrens zu vertrauen und
  • sich selbst in der bedrohlichen Situation nicht zu überfordern.

Zwei dieser Methoden sind:

Drehungen: Diese Methode baut ebenso auf vorhandene Kräfte und Potentiale des weiblichen Körpers auf. Denn auch ohne Vorkenntnisse besitzen Frauen und Mädchen ausreichend Geschicklichkeit und Kraft um Belästigungen, Übergriffe und Gewalt erfolgreich abzuwehren. Für nähere Informationen siehe Website des Vereins Drehungen.

WenDo - der Weg der Frauen: Durch effektive, leicht erlernbare Techniken des körperlichen Wehrens, mentales und verbales Training und das spielerische Erleben der eigenen Kraft, werden Frauen gestärkt und können sich selbst im Alltag besser schützen. Für nähere Informationen siehe WenDo oder WenDo Wien.

Über diese beiden Methoden hinaus gibt es viele Angebote der Polizei und diverser Kampfsportvereine um speziell für Frauen und Mädchen Selbstverteidigung zu erlernen und regelmäßig zu trainieren.

Angebote zur Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Mädchen und Frauen

Einige der Frauenberatungsstellen bei sexueller Gewalt organisieren spezifische Workshops und Kurse für Mädchen und Frauen:

Tirol: Der Verein Frauen gegen Vergewaltigung organisiert Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Frauen, auf Nachfrage auch für ganze Gruppen oder soziale Einrichtungen. Das sind sowohl Grund- als auch Aufbaukurse nach der Methode WenDo. Nähere Informationen finden Sie auf der Website des Vereins oder unter +43 512 57 44 16.

Salzburg: Der Frauennotruf Salzburg organisiert Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen nach der Methode Drehungen. Für nähere Informationen siehe die Website des Vereins oder unter +43 662 88 11 00.

Oberösterreich: Das AFZ - Notruf bei sexueller Gewalt Oberösterreich organisiert Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen nach der Methode Drehungen. Für Termine und nähere Informationen siehe die Website des AFZ oder unter +43 732 60 22 00.

Für Informationen zu Selbstverteidigungskursen für Frauen und Mädchen in den anderen Bundesländern siehe:

Kärnten: Das Mädchenzentrum Klagenfurt organisiert Kurse und Schnupperworkshops für Mädchen und junge Frauen von 10 bis 25 Jahren (nach Methode Drehungen). Für nähere Informationen siehe die Website des Mädchenzentrums.

Niederösterreich: Auf Anfrage können Kurse nach der Methode Drehungen organisiert werden, für nähere Informationen und Kontakt siehe die Website von Drehungen.

Steiermark: Die Mädchenberatungsstelle mafalda organisiert Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Multiplikator*innen (nach der Methode „Drehungen), nähere Informationen siehe Website von mafalda.

Wien: Für aktuelle Kurstermine und Anfragen des Vereins Drehungen siehe die Vereinswebsite bzw. E-Mail: kursanfragen-wien@verein-drehungen.at. Die regionale WenDo Gruppe Wien ist im fz angesiedelt, siehe Website oder E-Mail: wendo.wien@gmx.at.

Für Anfragen zu Angeboten nach der Methode Drehungen, auch in den weiteren Bundesländern, siehe: Website des Verein Drehungen -> Kontakt nach Region

Schutz- und Sicherheitstipps

Sicherheitstipps für Frauen und MädchenFoto von Frauenfüßen, die eine Straße überqueren

Es gibt unzählige Broschüren mit Sicherheitstipps für Frauen und Mädchen. Diese geben hilfreiche Hinweise dazu, wie unangenehme, bedrohliche oder gefährliche Situationen vermieden werden können oder wie sie sich in solchen Momenten verhalten können (siehe z.B. Downloads).

Doch der Gedanke, dass sich eine Frau durch ein bestimmtes Verhalten oder Vermeiden von Situationen schützen kann und soll, birgt auch ein Risiko. Denn selbst wenn Sie Selbstverteidigungskurse besuchen, an Ihrem Selbstvertrauen, Ihrer Körpersprache arbeiten und sich an alle Sicherheitstipps halten, heißt das nicht, dass Sie niemals sexuelle Gewalt erleben werden.

Es ist fatal, wenn Frauen, die von sexueller Gewalt betroffen sind, das Gefühl bekommen, sie hätten sich nicht ausreichend geschützt oder verteidigt. Das bedeutet dann, dass betroffene Frauen zusätzlich zu den üblichen Folgen einer sexuellen Gewalterfahrung auch noch mit dem Gefühl eigener Verantwortung und des Scheiterns konfrontiert sind.

Sicherheit von Frauen: Tipps für Männer

Viele Frauen und Mädchen haben einen bestimmten Verhaltenskodex verinnerlicht, der im Vergleich zu Jungen und Männern klare Einschränkungen für ihre Freiheit und Lebensführung bedeutet. Doch das gesellschaftliche Ziel kann nicht sein, dass Frauen und Mädchen sich einem bestimmten Verhaltenskodex unterwerfen müssen, damit ihnen nichts passiert. Darum ist es wichtig, dass auch Männern das Thema „Sicherheit für Frauen“ bewusst ist und wird. Sie können sich etwa überlegen, was sie tun können, damit Frauen sich in bestimmten Situationen nicht bedroht fühlen.

Graffiti an Hauswand mit Aufschrift "Fight Sexism"

Was ich als Mann zur Sicherheit von Frauen und Mädchen beitragen kann

  • Wechseln Sie in der Nacht die Straßenseite, wenn eine Frau oder ein Mädchen allein vor Ihnen geht, damit sich die Frau nicht durch Ihre Schritte verfolgt fühlt.
  • Schreiten Sie ein bzw. mischen Sie sich ein, wenn Sie beobachten, dass eine Frau sexuell belästigt wird.
  • Schreiten Sie ein, wenn Sie Zeuge davon werden, dass jemand einem Mädchen oder einer Frau „etwas ins Getränkt mischt“, es könnten sog. K.O.Tropfen sein.
  • Hören Sie mit „Flirtversuchen“ auf, wenn Sie merken, dass ihr Gegenüber sich unwohl fühlt oder ablehnend reagiert.
  • Frauenfeindliche Witze sind nicht lustig, sexistische Sprüche keine Komplimente.

Auch Frauen haben das Recht, sorglos durch die Straßen zu gehen und nicht ständig "in Kampfbereitschaft“ zu sein.

Ursula Kussyk
Obfrau des BAFÖ

Downloads

Halt, so nicht! Sicherheitstipps für Frauen und Mädchen zum Schutz vor Männer-Gewalt

Broschüre des Frauenreferats der Oberösterreichischen Landesregierung (2017)