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K.O.-Tropfen

Was sind K.O.-Tropfen

K.O.-Tropfen sind alle Substanzen, die heimlich ins Getränk gemischt werden und betäubend wirken oder willenlos machen. Sie sind zumeist farblos und haben weder Geruch noch Geschmack. Typische Substanzen, die als K.O.-Mittel eingesetzt werden, sind Beruhigungsmittel, Benzodiazepine, GHB (Liquid Ecstasy), Ketamin und viele mehr. Ingesamt gibt es weit mehr als 100 Substanzen, die als K.O.-Mittel eingesetzt werden können. Das Verabreichen von K.O.-Tropfen ist strafbar.

Wie wirken K.O.-Substanzen

In geringen Dosen machen diese Substanzen müde, entpannt, enthemmt oder euphorisch. In Kombination mit Alkohol oder in einer höheren Dosierung verusachen sie Müdigkeit, Schwindel, Bewusstseinsstörungen und Bewusstlosigkeit. Je nach Dosis kann es sich um einen medizinischen Notfall handeln. Im schlimmsten Fall, besonders in Verbindung mit Alkohol, kann es zu Atemstillstand und Tod kommen.

K.O.-Substanzen und Strafverfahren

Alleine schon das Verabreichen von K.O.-Substanzen ist bereits eine Straftat (§ 83 StGB, Körperverletzung). Folgen im wehrlosen Zustand sexuelle Übergriffe oder Eigentumstelikte, ist ganz klar das Strafrecht anwendbar. Dennoch gibt es wenig Anzeigen und noch wenig Verurteilungen zu diesen Taten. Einer der Gründe dafür: Der chemische Nachweis ist bei den meisten Substanzen nur wenige Stunden möglich. Oft erfolgen diese Untersuchungen nicht rechtzeitig. Die betroffenen Personen selbst haben oft Gedächtnislücken oder können sich nur verschwommen an das Erlebte erinnern. Für ein Strafverfahren sind diese Aussagen dann oft nicht genau genug. Häufig vermuten dies auch die Betroffenen selbst und wenden sich gar nicht erst an die Polizei. Das führt zu einer sehr hohen Dunkelziffer. Viele Betroffene kämpfen zusätzlich mit Selbstvorwürfen und Scham. Das macht es schwierig, sich jemandem anzuvertrauen.

In jeder Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt ist eine ausführliche Anzeigeberatung möglich. Die Entscheidung dafür oder dagegen bleibt jedoch ganz klar bei der betroffenen Person selbst. Möchte eine Frau das Erlebte zur Anzeige bringen, können die Beraterinnen sie im Rahmen der Prozessbegleitung unterstützen und begleiten.

Erste Fragen zum Thema K.O.-Tropfen

Du kannst das Risiko eingrenzen, ein "Zufallsopfer" zu werden. Lass dein Getränk nicht unbeaufsichtigt und nimm von fremden Personen kein Getränk an. Es gibt wiederverwendbare Deckel und Abdeckungen für Gläser, die dir dabei helfen können. Es ist aber nicht realistisch, ständig zu hundert Prozent auf das eigene Glas konzentriert zu sein. Eine kleine Unaufmerksamkeit genügt bereits. Wenn dir also jemand gezielt eine Substanz in das Getränk mischen möchte, ist es kaum möglich, dich sicher zu schützen. Höre auf dich und deinen Körper. Viele Betroffene sagen später, dass sie zwar bemerkt hätten, dass sich etwas "komisch anfühlt", aber dass sie dabei nicht an K.O.-Tropfen gedacht hätten. Passt aufeinander auf. Wenn sich jemand plötzlich ganz ungewöhnlich verhält, dann lass diese Person nicht alleine.

Die meisten Schnelltests, die man selbst kaufen kann (oft in Form von Armbändern oder Teststreifen) funktionieren zwar, jedoch mit einem großen Aber: Zunächst einmal funktionieren sie erst ab einer bestimmten Dosierung, das heißt ab einer bestimmten Menge der Substanz in deinem Getränk. Der zweite und weitaus größere Kritikpunkt ist, dass sie jeweils nur für wenige Substanzen funktionieren. Da über 100 chemische Verbindungen als K.O.-Tropfen in Frage kommen, ist ein Schnelltest leider keine sichere Aussage darüber, ob etwas in deinem Getränk ist oder war. Trotzdem können diese Schnelltests eine gute Idee sein: man kommt über das Thema ins Gespräch und hat es im Kopf. Falls man an sich selbst körperliche Veränderungen bemerkt, denkt man wahrscheinlich schneller an K.O.-Tropfen.

Da die verwendeten Substanzen so unterschiedlich sind, gibt es keine einheitliche Wirkungsweise. Höre auf dein Gefühl und deinen Körper. Fühlst du dich anders als sonst? Ist irgend etwas ungewöhnlich? Gib jemandem Bescheid, sobald du das Gefühl bekommst, es stimmt etwas nicht. Hellhörig solltest du werden bei: Übelkeit, Schwindel, plötzlicher Müdigkeit oder Benommenheit. Auch wenn sich etwas wie "Kreislaufprobleme" anfühlt. Manche Betroffenen erzählen, es hätte sich alles "unwirklich" angefühlt, als wäre die ganze Welt "in Watte gepackt". Ebenso aufmerksam solltest du bleiben, wenn du plötzlich ohne Grund ungewöhnlich "gut drauf" und enthemmt bist - oder auch wenn du an deiner Freundin ein solches Verhalten beobachtest. Viele Betroffene von K.O.-Tropfen bemerken selbst ihren Zustand nicht.

WICHTIG: Wenn du dich seltsam fühlst, gib jemanden Bescheid! Mit den Worten "Mir geht es komisch, vielleicht war etwas in meinem Getränk" wird auch dein Gegenüber aufmerksamer auf dein Verhalten.

Wenn es möglich ist, heb das Getränk auf (nicht wegschütten), damit man später feststellen kann um welche Substanz es sich handelt. Bleibe wenn möglich bei Personen, die du kennst. Gib mehr als nur einer Person Bescheid. Wenn du körperliche Auswirkungen spürst, ruf am besten die Rettung und lass dich ärztlich versorgen. Mach dich nicht alleine auf den Heimweg, auch wenn du denkst, dass es dir im Moment doch eigentlich eh noch gut geht. Es ist je nach Substanz und Dosis unterschiedlich, wie schnell die volle Wirkung eintritt. Viele Betroffene machen sich noch auf den Heimweg, kommen dort aber nicht mehr an. Sag deinen Freundinnen oder jemandem vom Veranstaltungsort über deinen Verdacht Bescheid, während du auf die Rettung wartest. Schreib eine Nachricht an eine Vertrauensperson oder schicke eine Sprachnachricht. Erkläre kurz was du vermutest. Teile deinen Whatsapp-Standort mit deiner Vertrauensperson. Sag auch den Rettungskräften, dass du den Verdacht auf K.O.-Tropfen hast, damit diese das auch korrekt weitergeben können. Nicht alle Krankenhäuser testen von sich aus auf Substanzen.

Nach der akuten Situation sind K.O.-Tropfen nur mehr sehr kurz im Körper nachweisbar. Falls du mit Erinnerungslücken aufgewacht bist und nicht weißt, was du nun tun kannst, sind hier ein paar Tipps: Heb ein bisschen was von deinem Urin in einem Gefäß (zB. Schraubglas) auf und stell es in den Kühlschrank. Manche Substanzen kann man im Urin gut nachweisen, sofern Spuren davon noch im Körper sind. Wenn du vermutest, dass es während dem Einfluss von K.O.-Tropfen zu einem sexuellen Übergriff gekommen ist, solltest du dich im Krankenhaus untersuchen lassen. Es ist wichtig, dass du dich zum Beispiel gegen HIV und sexuell übertragbare Krankheiten schützt oder einer ungewollten Schwangerschaft vorbeugst. Du kannst eine Vertrauensperson ins Krankenhaus mitnehmen. Das Krankenhaus wird dich fragen, ob du eine Anzeige machen möchtest. Es wird dich aber nicht dazu zwingen, wenn du volljährig bist und das nicht möchtest. Es können trotzdem alle wesentlichen Untersuchungen gemacht und aufbewahrt werden. Schreib dir auf, was du noch zum Abend oder Vorfall weißt ("Gedächtnisprotokoll"), für den Fall, dass du es später einmal brauchst.

Wenn du Klarheit darüber möchtest, ob K.O.-Tropfen in deinem Getränk waren, aber gleichzeitig keine Anzeige machen möchtest, kann es vorkommen, dass das Krankenhaus dich zwar untersucht, aber dein Blut nicht auf K.O.-Tropfen auswertet. Nicht alle Krankenhäuser handhaben das einheitlich. Bei manchen müsstest du die Analyse des Blutes ohne Anzeige selbst bezahlen. Da es sehr viele Substanzen sind, kann das sehr teuer sein und ist zudem ohne Garantie, dass noch etwas gefunden werden kann. Daher: Wenn du nicht weißt, wer dir die Substanz ins Glas gegeben hat, kannst du eine Anzeige gegen Unbekannt machen. Das Verabreichen von K.O.-Tropfen ist auch ohne einen sexuellen Übergriff eine Straftat (Körperverletzung). Wenn du unsicher bist, lass ich vorher von einer Frauenberatungstelle bei sexueller Gewalt beraten.

Es kann schwierig und auch sehr, sehr anstrengend sein, mit solchen Erfahrungen umzugehen. Besonders Erinnerungslücken machen das Verarbeiten schwer. Alle Gefühle oder Gedanken sind dabei normal. Umgib dich mit Personen, bei denen du dich gut aufgehoben fühlst. Erste Anregungen findest du oben unter der Rubrik "Hilfe bekommen". Aber gleichzeitig sind jeder Mensch und jede Situation individuell. Sprich mit einer Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt. Die Beraterinnen haben viel Erfahrung mit diesem Thema. Sie wissen, dass du nicht schuld am Erlebten bist (auch falls du selbst daran zweifeln solltest) und können im Gespräch ganz gezielt und mit dir gemeinmsam schauen, was nun hilfreich wäre.

Viele Betroffene erzählen von K.O.-Tropfen im Zusammenhang mit Alkohol und der Nachtgastronomie. Andere Betroffene erleben Vorfälle mit K.O.-Tropfen auf Festivals, Zeltfesten, Kirtagen, Vereinsfesten und privaten Feiern. Auch sind es nicht immer fremde Personen, die heimlich Substanzen in ein Getränk mischen. Es gibt also kein "typisches" Umfeld, in dem K.O.-Tropfen verabreicht werden.